WZ Artikel: KörperSprache

WZ 10./11. Dezember 2005:

Körper-Sprache

Wirkung: Was Gestik, Mimik und Haltung so alles verraten / Von Nicole Bolz

Es war das Lächeln. Nicht die andere Frisur, nicht das Makeup. Ganz plötzlich, zu Beginn der heißen Wahlkampfzeit sah Kanzlerkandidatin Angela Merkel plötzlich verändert aus. Aus dem sonst so sauertöpfischen Gesicht, das stets zu sagen schien „Wenn man mich umdreht kann ich auch lächeln“, wurde nun ein freundliches, das wirklich immer lächelte. „Ein gute Berater”, vermutete man. Der oft gepriesene aber schmerzlich vermisste Optimismus in Deutschland sollte sich schließlich auch auf ihrem Gesicht widerspiegeln.

Denn glaubwürdig wirkt nur die Einheit von Sprache und Mimik. Doch das neu erlernte Lächeln verging Angela Merkel am Wahlabend. Als ihr Gerhard Schröder in der Elefantenrunde frech ins Gesicht sagte, er bleibe Kanzler, entglitten seiner Herausforderin sämtliche Gesichtszüge. Vorbei war es mit dem mühsam eingeübten Optimismus.

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Für Sabine Mühlisch keine Überraschung „Gestik, Mimik und Haltung zeigen oft viel deutlicher und ehrlicher, wie die wahre Einstellung zum Gegenüber und zum Thema ist. Der Körper drückt unser Denken und Fühlen aus und ist die Bühne für alles Unausgesprochene.

Mit solchen Signalen des Körpers und ihre Wirkung kennt sich die Diplom-Sportwissenschaftlerin aus: Seit 1986 arbeitet sie als Trainerin für Körpersprache und Persönlichkeit. Das der Körper seine eigene Sprache hat, wusste die einstige Turnerin von jeher. Dass andere Menschen diese Sprache nicht verstehen, wurde ihr aber erst später bewusst. „Ich las Bücher von Samy Molcho und fragte mich, wieso man darüber Bücher schreiben muss – das kann man doch alles sehen“, erzählt Sabine Mühlisch lachend.


Als sie erkannte, dass sie über eine besondere Gabe verfügt, entschied sie, dieses Wissen an andere weiterzugeben. Nur nach dem Schlüssel musste sie noch ein wenig suchen. Dann fand sie ihn – in der Sprache. Die Sprache kennt all diese Bilder der Körpersprache – man muss sie sich nur wieder bewusst machen. Heute profitieren vor allem Manager und Unternehmen von ihrem Wissen.

„Warum heißt eine Sitzung eine Sitzung“ fragt Mühlisch forsch. „Weil man nicht nur physisch, sondern auch geistig an einem Problem fest-sitzt. Der Blick auf das Problem ist über Stunden der gleiche – innerlich wie äußerlich, da kann sich gar nichts verändern«, sagt sie überzeugt. Darum seien kleine Pausen in Konferenzen wie auch bei der Arbeit so wichtig.

Dann nämlich steht man auf, bewegt sich und wechselt somit die Perspektive und kann damit etwas in Gang setzen.

Sabine Mühlisch ist genau daran gelegen: Dass die Menschen sich ihres Körpers, seiner Ausdrucksmöglichkeiten, aber eben auch der negativen Seiten seiner Haltung bewusst werden. „Das heißt nicht, dass alle Leute immer nur etwas Positives ausstrahlen sollen – im Gegenteil”, stellt sie klar. Nur wissen sollen sie, dass nicht nur der Mund, sondern auch der Rest des Körpers zu seinen Mitmenschen spricht. Und zwar oft eine ganz andere Sprache.

Vor allem im Beruf sei die Diskrepanz zwischen Sprache und Körpersprache besonders groß. „Das liegt an den Spielregeln, die nahezu unmenschlich sind. Man soll Leute mögen, die wahre Kotzbrocken sind und am besten nie
Kopfschmerzen habe“, stellt sie die beruflich Anforderungen heraus. Dass sich die wahren Empfindungen dann den anderen Weg über den Körper suchen, sei logische Folge. „Aber warum soll es nicht gut sei wenn man unter Kopfschmerzen leidet, das klarzustellen: ‚Entschuldigung, es ist nichts gegen Sie, aber ich fühle mich heute nicht gut.‘ Denn spüren und sehen wird es mein Gegenüber sowieso, zieht dann aber vielleicht falsche Schlüsse”, gibt die Trainerin zu bedenken. Denn erst wenn Körper und Sprache in Einklang stehen, kann die Kommunikation gut gelingen, weil die Aussage eindeutig ist.

Ähnlich verhalte es sich bei Menschen, die aufgeregt sind, weil sie etwa einen Vortrag vor vielen Leuten halten müssen. „Die meisten üben den Druck auf sich selbst aus, weil sie es sich nicht zugestehen, ihre Nervosität zu zeigen. Würden sie ihre Aufgeregtheit anerkennen, würden sie sich Erleichterung verschaffen und könnten die Energie viel besser nutzen, die sie darauf verwenden, sich zu verstellen“, weiß die Körperexpertin. Nur wer sich alles erlaube, kann entspannt auftreten.

Dass Körper und Geist sogar in Wechselwirkung stehen, macht Sabine Mühlisch ihren Schülern gern mit einer Übung deutlich. Es ist durchaus nicht nur so, dass unser Körper lediglich das Mittel der Seele oder des Geistes ist, sich mitzuteilen – er gibt die Informationen auch an diese Stellen zurück. Wer die Schultern hängen lässt und mit gesenktem Kopf einig Minuten herumläuft, der wird sich auch so fühlen. Umgekehrt wird keinem der Satz über die Lippen kommen ”Ich bin ein armes Schwein“ der aufrecht, mit erhobenem Kopf und einer Lächeln durch die Welt geht.

Mühlisch möchte mit ihren Seminaren vermitteln, dass die Körpersprache für Mensche eine Chance ist und nicht eine Gefahr, sich zu verraten. Wobei es immer Anhaltspunkte gibt, unsere Gesprächspartner auf ihre wahren Motive zu prüfen. Denn: „lm Zweifel ist der Körper immer ehrlicher als die Sprache”, mahnt Mühlisch.

Vermute ich etwa, dass mein Gegenüber mir gerade nicht die Wahrheit sagt, sollte ich auf seine Hände und Füße achten. „Übt die rechte über die linke Hand Druck aus, ist Vorsicht geboten”, so die 47-jährige. Lächeln und eine neutrale Haltung signalisieren dagegen Offenheit und Sympathie. Gesprächspartnern mit so genannten Schlabberhänden“ seien Distanzmenschen, Männer, die eher breitbeinig daher kommen, sind dominant, aber eher unflexibel. Unsympathisch finde man übrigens immer das, was man selbst nicht ist. „Mit Ablehnung oder Sympathie eines andere bestätige ich mich eigentlich immer selbst”, so Mühlisch.

Mit einem weit verbreiteten Vorurteil möchte die Seminarleiterin aufräumen: Wer mit verschränkten Armen steht oder sitzt, nimmt nicht unweigerlich eine Abwehrhaltung ein. Es bedeute meist, dass man selbst nicht reden will, aber den Platz für andere frei macht.

Generell legt Sabine Mühlisch allen Menschen ans Herz, das Verhalten der andere nicht persönlich zu nehmen. Oft ist man selbst nur die Projektionsfläche für Stimmungen des anderen. Und statt auf die momentane Stimmung des Gegenübers einzugehen, kann sich jeder vornehmen, mit einem Lächeln und einem offenen Blick die Situation positiv zu leiten. Um bei seiner Umwelt eine klare Botschaft zu vermitteln, sollte man sich jedoch immer zuerst selbst über seinen Standpunkt klar werde „Nur mit Selbsterkenntnis kann ich auch bei anderen etwas erkennen.“

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